Panama
Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik
Seit seiner Gründung 1903 ist Panama wirtschaftlich und politisch abhängig von den USA. Als Reaktion auf den zunehmenden politischen Einfluss des nationalsozialistischen Deutschen Reiches setzen die USA auf die massive Verstärkung ihrer militärischen Position am Panamakanal. Dafür erklären sie sich 1936 bereit, den Panamavertrag neu zu verhandeln und auf bis dahin gesicherte hoheitliche Rechte außerhalb der Kanalzone und der Militärbasen zu verzichten.
In Bezug auf die Einwanderungsbestimmungen ist Panama von Beginn an restriktiv gegenüber bestimmten ethnischen Gruppen. Das Gesetz Nr. 6 vom 11. März 1904 verbietet die Einwanderung von „Chinesen, Türken und Syrern“. Obwohl es anfangs keinerlei Auswirkungen auf den Status der Betroffenen hat, ist seine Begründung doch eindeutig rassistisch: Es diene dem Schutz vor einer Schädigung der „Volksgesundheit“ durch die Gewohnheiten und ethnologischen Eigenarten „der mongolischen und semitischen Rassen“.
Wer in den 1930er-Jahren Zuflucht in Panama sucht, muss finanziell in der Lage sein, seine Lebenshaltungskosten für das erste Jahr selbst tragen zu können. Zudem müssen bei der Einreise mindestens 100 US-Dollar vorgezeigt werden. Wer länger als 60 Tage im Land bleibt, benötigt ein Visum. Insgesamt gelangen nicht mehr als 600 Flüchtlinge in das zentralamerikanische Land.
Delegation
Ernesto Hoffmann
* 5.10.1879 Rüdenhausen, Bayern † 26.3.1943 Genf
Ernst Hoffmann geht nach einem Lehrerstudium nach Panama und arbeitet dort an einer staatlichen Schule. 1906 wird er zum Direktor des Nationalen Instituts für Handel und Sprachen ernannt. Als der Protestant Hoffmann das Schulwesen Panamas nach deutschem Vorbild reorganisieren will, scheitert er am Widerstand der dominierenden Katholischen Kirche.
Hoffmann heiratet die Tochter eines wohlhabenden panamaischen Rechtsanwalts, der ihm ab 1910 ein Medizinstudium in Deutschland finanziert. Während des Ersten Weltkrieges als Militärarzt in Berlin eingesetzt, geht Hoffmann 1915 nach Panama zurück, wo er mit dem Geld seines Schwiegervaters eine Arztpraxis und eine Apotheke eröffnet.
Nach dem Kriegseintritt der USA wird er als „feindlicher Ausländer“ interniert und kehrt 1919 kurz nach Deutschland zurück, um sich dafür eine hohe Entschädigungssumme auszahlen zu lassen.
Anschließend nimmt er die Staatsbürgerschaft Panamas an und lässt sich durch den Einfluss seines Schwiegervaters zum Honorarkonsul in Berlin ernennen. Seinen neuen Status nutzt er vermutlich dazu, im Diplomatengepäck große Mengen Salvarsan, ein arsenhaltiges Medikament gegen Syphilis, nach Panama zu schmuggeln.
Gegen Kritik und Intrigen anderer panamaischer Diplomaten kann er sich behaupten, weil eine Schwester seiner Frau 1929 den amtierenden panamaischen Außenminister heiratet.
1930 wird Hoffmann zum Generalkonsul in Genf und zum Ständigen Vertreter Panamas beim Völkerbund ernannt. Er hält sich aber weiterhin oft in Berlin auf, wo er die meiste Zeit in Vergnügungslokalen und Spielhallen verbracht haben soll, und stirbt 1943 in Genf.
Notiz des Schweizer Gesandten in Berlin, 11. Februar 1931
In der Notiz werden Mitteilungen des panamaischen Geschäftsträgers in Berlin wiedergegeben, nach denen Ernesto Hoffmann „ein Abenteurer schlimmster Sorte“ sei, der „seine Einkünfte aus allerlei dunkeln Quellen, hauptsächlich aus Spielsälen beziehe.“
Schweizerisches Bundesarchiv, Bern, E2001D#10001553#1906
Zusammenfassung der Stellungnahme
In der öffentlichen Sitzung am Montag, dem 11. Juli 1938, geben die Delegierten von Nicaragua, Costa Rica, Honduras und Panama eine gemeinsame Stellungnahme ab. Hierin erklären sie ihre Übereinstimmung in der Notwendigkeit einer „moralischen Unterstützung“ der Initiative Roosevelts und ihre beabsichtigte Mitarbeit an der Flüchtlingshilfe. Voraussetzung sei aber, dass alle auf der Konferenz vertretenen Länder einen in Bezug auf ihre Größe ähnlichen Anteil an Flüchtlingen aufnähmen, ungeachtet der bereits vor der Konferenz Eingewanderten. Eine solche Quote könne man angesichts knapper Ressourcen und geringer Assimilationskräfte nicht übersteigen. Zudem müssten Flüchtlinge auf eigene Kosten und eigenes Risiko reisen. Aufzunehmende dürften nicht Gruppen angehören, die per Gesetz von einer Einwanderung ausgeschlossen sind. Die Delegierten stimmen darin überein, dass eine Aufnahme von Händlern und Intellektuellen wegen „Überfülle“ in diesen Berufen nicht möglich sei.
In ihrem Bericht an das Technische Unterkomitee fügen Nicaragua, Guatemala, Costa Rica und Honduras jedoch später hinzu, genauere Angaben zu Zahl und Art der aufzunehmenden Flüchtlinge überhaupt nicht machen zu können. In Bezug auf die gesetzlichen Vorgaben und nicht gewünschten Gruppen wird die Delegation Costa Ricas in ihrem Bericht an das Technische Unterkomitee deutlicher: Zugelassen würden keine mittellosen Personen – Einwanderer müssten eine Erklärung über ihre Finanzkraft abgeben und diese beweisen, zudem sei bei der Einreise das Vorzeigen oder Hinterlegen von 1.000 Colóns nötig. Auch erhalte keine Einreiseerlaubnis, wer Organisationen angehöre, die sich gegen Familie, Privatbesitz oder das Gesellschaftssystem richteten, oder Mitglied einer Partei sei, die Streik, Klassenkampf oder kommunistische Ideen propagiere. Zuletzt erklärt die Delegation auch Büroangestellte, Geschäftsleute oder Experten, die Einheimischen Konkurrenz machen könnten, als nicht erwünscht.
Die Delegation Panamas hingegen betont in ihrem nichtöffentlichen Bericht, ihre Einwanderungsgesetze beinhalteten zwar Restriktionen für „gewisse östliche Rassen“, für Juden aber gebe es weder Diskriminierungen noch Vorzüge, sie würden primär als Angehörige ihrer jeweiligen Nation behandelt. Bereits eingewanderte deutsche Juden seien an Universitäten oder im Bildungssystem tätig.
Konferenzbeiträge
Gemeinsame Erklärung von Dr. Constantino Herdocia, Delegierter der Republik Nicaragua, Professor Luis Dobles Segreda, Delegierter der Republik Costa Rica, Dr. Mauricio Rosal, Delegierter der Republik Honduras, und Dr. Ernst Hoffmann, Delegierter der Republik Panama, im Namen ihrer Regierungen gegenüber dem Zwischenstaatlichen Komitee, Évian, 11. Juli 1938, 11 Uhr, S. 1/2
Franklin D. Roosevelt Library, Hyde Park, NY
Gemeinsame Erklärung von Dr. Constantino Herdocia, Delegierter der Republik Nicaragua, Professor Luis Dobles Segreda, Delegierter der Republik Costa Rica, Dr. Mauricio Rosal, Delegierter der Republik Honduras, und Dr. Ernst Hoffmann, Delegierter der Republik Panama, im Namen ihrer Regierungen gegenüber dem Zwischenstaatlichen Komitee, Évian, 11. Juli 1938, 11 Uhr, S. 2/2
Franklin D. Roosevelt Library, Hyde Park, NY
Schreiben von Dr. Ernesto Hoffmann (Panama) an den Generalsekretär des Zwischenstaatlichen Komitees, 11. Juli 1938
Franklin D. Roosevelt Library, Hyde Park, NY