Zentralamerika

 

Der Brockhaus-Atlas. Die Welt in Bild und Karte, Leipzig: F. A. Brockhaus 1937

 

Auf der Évian-Konferenz sprechen die Vertreter der zentralamerikanischen Staaten Costa Rica, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama mit einer Stimme.

Aufgrund seiner besonderen geostrategischen Lage als Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika, umgeben von den Weltmeeren, war und ist Zentralamerika stets Schauplatz internationaler Interessen und Projektionen. Bis in die 1920er-Jahre ziehen die zentralamerikanischen Staaten vor allem bemittelte europäische Einwanderer an. Entsprechend liberal ist die Einwanderungsgesetzgebung. Die Migranten bringen Kapital und Fachwissen mit und üben großen Einfluss auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gestaltung der Staaten aus, etwa als Kaffeeplantagenbesitzer.

Infolge der Weltwirtschaftskrise kommt es in den Agroexportrepubliken zu tiefgreifenden Krisen mit heftigen sozialen Verwerfungen. Massaker an rebellierenden Bevölkerungsgruppen und der indigenen Bevölkerung begleiten die Errichtung der Diktaturen in Guatemala, Honduras und Ende der 1930er-Jahre auch in Nicaragua. Nur in Costa Rica bleiben die Wahlen frei, aber auch hier setzt sich ein autoritäres Regime durch. Den Diktatoren ist die Unterstützung der Regierung der USA unter Franklin D. Roosevelt sicher. Im Kontext der „Politik der guten Nachbarschaft“ und für die vollständige Kontrolle über den Panamakanal ist man bereit, die neuen Regierungen auch angesichts der Aushebelung demokratischer Verfahren anzuerkennen.

In den Reihen der politischen Entscheidungsträger der zentralamerikanischen Staaten gibt es durchaus Sympathien für den Faschismus. Deutschstämmige erhalten Schlüsselpositionen in der Wirtschaft Costa Ricas, Guatemalas und Nicaraguas. Daran ändert auch die Neutralitätserklärung vom September 1939 nichts. Die erklärte Unterstützung der Roosevelt-Politik bedeutet keineswegs, dass man gleich gegen die Bürger der Achsenmächte im eigenen Land vorgeht.

Trotzdem finden in den fünf mittelamerikanischen Staaten zwischen 1933 und 1945 etwa 1.000 Juden aus Deutschland und Österreich Zuflucht. Meist sind die Staaten aber nur Transitstationen auf dem Weg in die USA. In den jeweiligen Ländern unterscheiden sich die Einreisebestimmungen zum Teil erheblich: Während Guatemala, Nicaragua und Panama die Einwanderung einschränken und auf einen Kapitalnachweis sowie bereits abgeschlossene Arbeitsverträge bei der Einreise bestehen, sind die Behörden in Costa Rica und Honduras weniger restriktiv.