Guatemala
Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik
Der 1931 in Guatemala durch Wahlen ohne Opposition an die Macht gekommene Jorge Ubíco setzt zur Durchsetzung und zum Erhalt seiner Diktatur vor allem die Geheimpolizei und Spitzel ein. Öffentliche Kritik und Pressefreiheit werden extrem eingeschränkt.
Am 7. Oktober 1938 revidiert die Regierung das liberale Einbürgerungsgesetz vom 25. Januar 1936 und lässt sieben Monate später jegliche politische Aktivität von in Guatemala lebenden Ausländern verbieten, um dem Treiben im Land lebender Nationalsozialisten ein Ende zu setzen, denen die Vision der Abspaltung einer deutschen Kolonie nachgesagt wird. Im September 1939 erklärt Guatemala unmittelbar nach Beginn des Zweiten Weltkriegs seine Neutralität, obwohl Ubíco Sympathien für Hitler und den Faschismus hegt. Aber die Abhängigkeit von den USA führt schließlich dennoch zur Internierung von im Land verbliebenen Reichsdeutschen und zur Beschlagnahmung ihrer Besitztümer.
Im Jahr 1933 kommen die ersten jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland in den Staat. Ihr Leben im Exil gestaltet sich äußerst schwierig: 1934 nehmen Repressalien gegen jüdische Schüler so erheblich zu, dass viele Eltern ihre Kinder von der Schule abmelden. Erst infolge des Novemberpogroms in Deutschland treffen ab Ende 1938 weitere Flüchtlinge in Guatemala ein.
Österreichisches Bundeskanzleramt (Wanderungsamt): Vorschriften zur Erlangung des Einreisesichtvermerkes für Guatemala, 1938
Österreichisches Staatsarchiv, Wien
Delegation
José Gregorio Díaz Luarca
* 1892 † 1972
Der Delegierte Guatemalas auf der Konferenz von Évian ist von 1931 bis 1938 Leiter der guatemaltekischen Mission in Berlin. Im Sommer 1938 wechselt Díaz Luarca nach Paris, wo er als Gesandter Guatemalas fungiert.
Die Delegierten Zentralamerikas (2.v.r.: José G. Díaz Luarca)
Jüdische Presszentrale Zürich, 15. Juli 1938 / Archiv für Zeitgeschichte / ETH Zürich
Zusammenfassung der Stellungnahme
In der öffentlichen Sitzung am Montag, dem 11. Juli 1938, geben die Delegierten von Nicaragua, Costa Rica, Honduras und Panama eine gemeinsame Stellungnahme ab. Hierin erklären sie ihre Übereinstimmung in der Notwendigkeit einer „moralischen Unterstützung“ der Initiative Roosevelts und ihre beabsichtigte Mitarbeit an der Flüchtlingshilfe. Voraussetzung sei aber, dass alle auf der Konferenz vertretenen Länder einen in Bezug auf ihre Größe ähnlichen Anteil an Flüchtlingen aufnähmen, ungeachtet der bereits vor der Konferenz Eingewanderten. Eine solche Quote könne man angesichts knapper Ressourcen und geringer Assimilationskräfte nicht übersteigen. Zudem müssten Flüchtlinge auf eigene Kosten und eigenes Risiko reisen. Aufzunehmende dürften nicht Gruppen angehören, die per Gesetz von einer Einwanderung ausgeschlossen sind. Die Delegierten stimmen darin überein, dass eine Aufnahme von Händlern und Intellektuellen wegen „Überfülle“ in diesen Berufen nicht möglich sei.
In ihrem Bericht an das Technische Unterkomitee fügen Nicaragua, Guatemala, Costa Rica und Honduras jedoch später hinzu, genauere Angaben zu Zahl und Art der aufzunehmenden Flüchtlinge überhaupt nicht machen zu können. In Bezug auf die gesetzlichen Vorgaben und nicht gewünschten Gruppen wird die Delegation Costa Ricas in ihrem Bericht an das Technische Unterkomitee deutlicher: Zugelassen würden keine mittellosen Personen – Einwanderer müssten eine Erklärung über ihre Finanzkraft abgeben und diese beweisen, zudem sei bei der Einreise das Vorzeigen oder Hinterlegen von 1.000 Colóns nötig. Auch erhalte keine Einreiseerlaubnis, wer Organisationen angehöre, die sich gegen Familie, Privatbesitz oder das Gesellschaftssystem richteten, oder Mitglied einer Partei sei, die Streik, Klassenkampf oder kommunistische Ideen propagiere. Zuletzt erklärt die Delegation auch Büroangestellte, Geschäftsleute oder Experten, die Einheimischen Konkurrenz machen könnten, als nicht erwünscht.
Die Delegation Panamas hingegen betont in ihrem nichtöffentlichen Bericht, ihre Einwanderungsgesetze beinhalteten zwar Restriktionen für „gewisse östliche Rassen“, für Juden aber gebe es weder Diskriminierungen noch Vorzüge, sie würden primär als Angehörige ihrer jeweiligen Nation behandelt. Bereits eingewanderte deutsche Juden seien an Universitäten oder im Bildungssystem tätig.
Konferenzbeiträge
Stellungnahme der Delegationen von Nicaragua, Guatemala, Costa Rica und Honduras für das Technische Unterkomitee, 11. Juli 1938
Franklin D. Roosevelt Library, Hyde Park, NY
Erklärung des Delegierten Guatemalas für das Technische Unterkomitee, 11. Juli 1938
Franklin D. Roosevelt Library, Hyde Park, NY